Montag, 10. April 2017

ungefragt

ich hatte keine antwort auf die frage des kleinen autisten, warum die menschen ungefragt mit der verantwortung für ihr leben in die welt gesetzt werden. keine denkbare antwort hätte in mein frommes weltbild gepasst: seid fruchtbar und mehret euch, gott will, dass menschen gezeugt und geboren werden, aber nach jesu eigenen aussagen ist die herde der geretteten klein, die große masse kann der versuchung des bösen nicht widerstehen. kann man dann verantworten, kinder in die welt zu setzen, ihnen die verantwortung für ihr eigenes ( ewiges ) leben aufzubürden, ohne sie zu fragen, ob sie bei diesem kampf, der sich leben nennt, mitspielen wollen, wenn das risiko sehr groß ist, am ende in der hölle zu landen? irrational diese frage, wie kann man einen ungezeugten fragen, ob er leben werden will? aber genauso irrational, einem menschen sein leben in die hand zu drücken mit: "schau, wie du damit zurecht kommst, aber wenn du versagst, - was zudem sehr wahrscheinlich ist - sieht es schlecht aus für dich!". irrational auch die annahme, dass ein mensch freiwillig in die hölle geht, wenn es doch ein leichtes wäre, dieser zu entgehen. er müsste nur vertrauen. kann er oder will er nicht, und was in ihm hemmt ihn, diese lebensrettende entscheidung zu treffen? ist ihm nicht klar, nimmt er nicht ernst, kann er nicht glauben, was ihm gepredigt wird? oder ist er trotzig böse, wohl wissen, welche tragischen konsequenzen das hat?

wir haben nichts in die welt hineingebracht, aber wo kommt das eigentlich her, unser "ich", dem die verantwortung aufgebürdet wird, die entscheidenden weichen richtig zu stellen? etwas in mir würfelt, oder überlegt es doch, und trifft eine vernünftige entscheidung, aber wo kommen die kriterien her, zugeflogen, woher, - wo kommt die kraft her, die entscheidungen durchzufechten. was ist die qualität des glaubens, die einen selig macht, - und das gegenteil, angst, furcht, misstrauen? kann man einen menschen verdammen, weil er es nicht schafft, mir zu vertrauen. liegt es an dem anderen, oder liegt es an mir?

fatal, wie man im leben sauls sieht, ein fehltritt, und das leben ist versaut, wie beim bergsteigen, es hilft nicht, wenn man 999 mal festen halt hat, und einmal den halt verliert. dabei war sauls fehltritt ein akt der barmherzigkeit, nämlich nicht an allem lebenden einer besiegten stadt den bann zu vollstrecken, also alles leben brutal zu ermorden, männer, frauen, kinder, säuglinge, tiere, … wie es gott vermeintlich angeordnet hat. keine gnade, weder für den verlierer, noch für den, der jenen gnädig ist und sie verschont.

apropos tiere, david hieb einigen tausend pferden des besiegten feindes die sehnen durch, unschuldige geschöpfe, die ungefragt als kriegmaschinen missbraucht wurden werden lebensunfähig gemacht, und sie müssen vermutlich elend verrecken. david, gottes liebling, mörder, ehebrecher, aber begnadigt, und urahn des heilandes. warum wird der sensible saul nicht begnadigt, aber der unbarmherzige david?

"wem ich gnädig bin, dem bin ich gnädig, …" aber "schrecklich ist es, in die hände des lebendigen gottes zu fallen!" gott, eine blutrünstige bestie, der horror der offenbarung würde dazu passen. er will aber doch nicht den tod des sünders, sondern dass er lebe. schrecklich, die offenbarung, in der der gnädige gott den menschen, die es irgendwie nicht fertig gebracht haben, an ihn zu glauben, so ungnädig ist, dass er ihnen nicht einmal den tod gönnt, den sie sich als erlösung ersehnen.

"wem ich gnädig bin, …", dem schenke ich eine fromme großmutter, die für ihren enkel betet, bis er sich bekehrt. wer diese großmutter nicht hat, der fährt in die hölle. wessen verdienst ist die seligkeit des enkels, sein eigener, der der großmutter, weil gott gebeten sein will. pech für den, für den niemand fürbittet, oder dessen fürbitter beim beten eingeschlafen ist, oder der gerade ärger, und dem deshalb im entscheidenden moment nicht nach beten zumute war.

wenn es nicht an anderen liegen darf, ob ich selig werde, an was liegt es dann in mir, woher kommt diese instanz in mir, die letztlich die entscheidung für oder gegen gott trifft, und der ganze rest muss büßen, wenn diese instanz versagt, wenn sie gott nicht vertraut, weil sie vor ihm angst hat, weil sie nicht den guten vater sehen kann, weil sie selber keinen guten vater hatte, und auch keine sehnsucht nach einem solchen.

2 x scheiße, einen schlechten vater haben, und gott als guten vater nicht spüren können.

mein leben in zwei minuten

beim tensing-seminar in bonlanden anfang des jahres stehe ich seit 2010 in der küche, aber einmal stand ich auch im rampenlicht. ich wurde gefragt, ob ich zum thema "angst" 2 minuten etwas sagen kann. war dann eine große herausforderung, mein lebensthema in diesen augenblick zu packen. irgendwann ist mir aufgefallen, dass mir das in den 25 Jahren gemeindezugehörigkeit kein einziges mal passiert ist, dass ich gebeten wurde, etwas zu erzählen, was mich persönlich betrifft und was mir wichtig ist.

verrückt, ebenso wie das, dass ich in der langen zugehörigkeit zu einem hauskreis nie die gelegenheit hatte, fragen von ähnlicher wesentlichkeit zu äußern, wie es jetzt bei der begegnung mit offenen menschen beim hossa-talk regionaltreff gut möglich war. es hatten nur äußerungen raum, die das kartenhaus stabilisierten. fragen oder gar kritik, zweifel, probleme ... störten, hinderten die anderen in ihrem geistlichen höhenflug. sicher, es waren großteils nette leute, aber sie waren gefangen in ihrer persönlichen prägung und in den vorgaben der gemeindeleitung und -tradition.

wäre schwierig gewesen, fragen und zweifel im hauskreis zu den äußerungen, dem rahmen und den ritualen zu äußeren, ich habe den eindruck, man wäre zu nicht viel anderem gekommen, weil vieles grundsätzliche hätte angesprochen werden müssen, was aber nie hinterfragt wurde, weil es zu viel erschüttert hätte.

rücksicht auf die schwachen

ich habe den eindruck, dass eigentlich jedem nachdenkendem viele der für mich offensichtlichen fragen zu glauben und leben auf der zunge liegen müssten. oder geht das nur mir so, dass ich mehr fragen als befriedigende antworten habe und jede simple antwort sich entweder selbst entlarvt oder weitere fragen mit noch größerem risiko-potential aufwirft? aber es ist wohl so, dass fragen und zweifel gefährlich für den glauben angesehen werden, auch für andere, die nicht so "fest" im glauben stehen, aber das heißt doch eher, dass diese noch nicht so unbeirrbar auf die verbindlichen dogmen eingeschworen sind. ich hatte ewigkeiten angst vor diesen fragen, weil ich keine antworten hatte, und deshalb auch davor, dass andere mir meine fragen stellen. dabei muss die wahrheit im gegensatz zur lüge und engen dogmen keine angst vor fragen haben, fragen erhellen die wahrheit, und sind nur gefährlich für irrlehren, die dadurch entlarvt werden.

das fiel mir irgendwann beim unserem gespräch beim hossa-talk regionaltreffen auf, dass die geforderte rücksicht auf die schwachen nur ungesunde irrlehren stabilisiert, aber keinen gesunden glauben.

ich lebe noch

nach fast sieben jahren pause, in denen vieles passiert ist, was mir nicht gefiel, und in denen vieles nicht passiert ist, was mir gefallen hätte, habe ich jetzt einen konkreten anlass, dieses medium wiederzubeleben, - und zwar als ersatz für überfließenden austausch von gedanken per email und in den sozialen netzwerken. diese medien sind aber alle mit dem makel der flüchtigkeit behaftet, schnell geschrieben, und fast genau so schnell von neuen, meist belanglosen informationen anderer verdrängt.

deshalb hier jetzt ein neustart, richtet sich nicht an ein großes publikum, eher an die wenigen, die am fortschritt meines lebens interessiert sind und ist vielleicht noch mehr für mich selber, um meine gedanken zu ordnen und um mir über manches klar zu werden.


der konkrete anlass, meine gedanken nicht nur für mich zu notieren, sondern zugänglich zu machen, war meine teilnahme beim hossa-talk regionaltreffen in stuttgart. beim regen austausch hatten viele gedanken raum, die sonst verdrängt werden. was hier in den nächsten tagen auftaucht ist weiter-denken und weiter-fragen an den angesprochenen themen, also was ich gerne noch gesagt hätte oder was mir nachher noch dazu einfiel an gedanken, fragen und vielleicht auch an antworten auf eigene und fremde fragen.