Sonntag, 16. August 2009

gesetze, gebote, anstand, regeln


staatliche, religiöse, gesellschaftliche, geschriebene und ungeschriebene gesetze werden aufgestellt bzw. entwickeln sich als antwort auf "böses", unangemessenes, sozial unverträgliches verhalten, nach den maßstäben derer, die sich anmaßen, darüber zu befinden.

gesetze sind die gitterstäbe, damit die menschliche natur nicht ausbricht und sich lebensfeindlich verhält, - oder auch, um die etablierten ordnungen nicht zu gefährden.

die kurzfassung "du sollst nicht stehlen" und die langfassung der deutschen strafgesetze regeln die verbindlich auffassung von "meins! finger weg!". verrückt, die regeln über nachbarschaftlichen beziehungen. es ist geklärt, wem die früchte gehören, solange sie am baum, aber über die grenze hängen, - und auch, wenn sie gefallen sind und auf dem boden liegen. allerdings klafft eine riesenlücke im gesetz, nämlich die lücke zwischen ast und boden, wenn der apfel in der luft ist. wer darf ihn fangen? - oder bricht dann ein streit zwischen den nachbarn um die lufthoheit aus, bis der gesetzgeber aus gegebenem anlass auch hier mit einer flut von gesetzen die gesetzlich nicht geregelte gewalt eindämmt?

gesetze - und auch verträge - sind dann nötig, wenn unfrieden statt frieden regiert, aber frieden kann man nicht per gesetz verordnen. man kann nicht verordnen, dass man glücklicher ist, wenn man nicht um die früchte streitet, sondern sich im gegenteil großzügig beschenkt, wenn man nicht auf "meins!" draufsitzt, sondern wenn man sich freut, wenn man anderen zu ihrem glück verhelfen kann, und nicht meint, durch "dein tod ist mein leben", oder etwas ziviler "dein verlust ist mein gewinn!" auf dem rücken anderer glücklich zu werden. macht verschafft kein glück, auch wenn das naturgemäß gute gefühl dabei als glück missverstanden wird. verrückt, wie unsere gesellschaft davon lebt, dass "haben" glück wäre, "haben" von macht, macht über güter und über menschen.

frieden ist der freie kompromiss widerstrebender interessen, aber jeder sagt: "ich bin zufrieden." der im extremfall durch staatliche gewalt, durch judikative verordnete und durch exekutive durchgesetzte kompromiss ist unfrieden, wenn auch bloß einer sagt: "ich bin nicht zufrieden, ich kämpfe weiter. die nächste gelegenheit zur herstellung meiner gerechtigkeit kommt bestimmt, zur not wird sie provoziert!"

die menschliche natur ist nicht auf frieden eingestimmt. wenn man sich gehen lässt, entsteht unfrieden, für frieden muss man sich entscheiden. und gesetze können keinen frieden stiften, sie können höchstens waffenstillstand anordnen, währenddessen die streithähne auf neue gelegenheit lauern, ihr recht durch streit durchzusetzen. man kann recht auf "meins!" durchsetzen, aber nicht frieden oder glück schaffen.

so zweifelhaft manchmal staatliche gesetze sind, weil sie das rechtsempfinden von mehrheiten oder auch nur von mächtigen minderheiten widerspiegeln, so bedenklicher sind die ungeschriebenen gesetze, "was man macht" oder "was man nicht macht". anstandsregeln, die gegenseitigen respekt ausdrücken sollen, aber doch mehr zur abgrenzung zu denen aufgestellt sind, die nicht wissen, "was sich gehört". viele dieser ungeschriebenen gesetze sind absurd und kein mensch macht sich gedanken, ob diese nicht eher lebens-, kinder-, fremden-, armen-, familien-feindlich sind.

"das ist halt so!", "das fragt man nicht!", "das weiß man doch!", ... betrifft anstands-, benimm-, kleider-, rang-, hack-ordnungen und -regeln vom kindergarten bis zum sarg und grabschmuck.

man fährt in den urlaub, so weit und so lange man es sich leisten kann. urlaub ist glück - aber so nebenbei: im statistischen mittel wird im urlaub mehr gestritten, als in den heimischen vier wänden. man kauft sich ein auto, so schnell und so teuer, dass man es gerade noch (ab)bezahlen kann. man baut ein haus, so komfortabel, dass neben der rate für die bank gerade noch genug zum leben da ist, ... bei allem vorausgesetzt, man wird nicht krank, oder sonst ein unglück führt dazu, dass das austarierte kartenhaus finanzplanung nicht zusammenfällt.

schneller, weiter, höher, kräftiger, gebräunter, teurer, intelligenter, mächtiger, exklusiver ... ist besser als das jeweilige gegenteil, und ungeschriebene gesetze bescheinigen mir dabei mehr lebensqualität und glück. und die geschriebenen gesetze sollen sicher stellen, dass mir niemand dieses glück gefährdet.

vielleicht wären viel weniger geschriebene gesetze nötig, wenn man bei den ungeschriebenen gesetzen zuerst aufräumen würde. und wenn die menschheit aus lauter freigiebigen bestehen würde, die nicht reich und glücklich verwechseln, dann wäre sogar das gebot "du sollst nicht stehlen" überflüssig. und wenn jedem klar wäre, dass glück nur in freiheit gedeiht, dass liebe ein kind der freiheit ist, dann wäre der rest auch obsolet. jedes "du sollst ..." wäre überflüssig, wenn jeder frei "ich will ..." sagen würde.

aber da steht die natur des menschen entgegen. bei denen um mich und auch in mir.

aber vielleicht gibt es oasen, in denen die lebensfeindliche natur des menschen draußen bleibt und dem frieden platz lässt? was sind die bedingungen dafür? auf welcher basis können beziehungen so empfunden werden?

spielen - 2


habe ich doch tatsächlich auf einer sicherungs-cd meines geklauten laptops einen uralten text über "spielen" gefunden, der vorläufer meines eintrages spielen, ich hab offensichtlich in den letzten jahren nicht viel dazu gelernt :

Ich handle mir viel Unverständnis ein, wenn ich nicht spielen will - genauer, wenn ich keine der sogenannten Gesellschaftsspiele mitspielen will. Grundsätzlich bin ich wahnsinnig verspielt. Es fällt mir meist schwer, ohne Unverständnis oder gar Ärger meinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Die meisten Menschen verstehen meine Gründe nicht.

Erstaunlich bis fatal fällt beim näheren Betrachten der meisten Spielwitze auf, dass im Allgemeinen der Reiz eines Spieles um so größer ist, je mehr die folgenden Prinzipien verfolgt werden:

- reinlegen
- austricksen
- überrumpeln
- übertrumpfen
- überrennen
- überbieten
- ausnehmen
- fertig machen
- rauswerfen
- lügen
- täuschen
- hintergehen
- kaltstellen
- überholen
- schlagen
- behindern
- intrigieren
- zurückschlagen
- angreifen

Zu jedem Stichwort fallen einem Spiele ein, die besonders darauf angelegt sind - alles in allem Eigenschaften, die im alltäglichen Leben ein friedliches Miteinander nicht gerade fördern.

Nun wird (A) argumentiert, dass das Leben eben so ist und es für Kinder gut ist, wenn sie sich beizeiten auf die Spielregeln der bösen Welt einstellen. Da denke ich aber doch, dass unsere pädagogischen Bemühungen eher auf das Gegenteil ausgerichtet sein sollten. „Liebet Eure Feinde!” aber nicht die in der realen Welt? Es ist sicher gut, wenn man die Spielregeln der Welt kennt - die übrigens exakt so in der Bibel beschrieben sind - aber diese negativen Verhaltensweisen einzuüben kann ja wohl nicht das Richtige sein.

Hat man nun eingesehen, dass die bei den meisten Spielen Erfolg versprechenden Prinzipien nicht unbedingt unseren Erziehungsidealen entsprechen, fällt (B) das zweite Argument: „Es ist ja nur ein Spiel”.

Damit wird unterstellt, dass die Verhaltensweisen im Spiel keine Auswirkungen auf das Verhalten im Leben haben werden. Wäre diese Annahme gültig, könnten wir einen Großteil der Grundschulpädagogik auf den Müll kippen. Zumindest soweit sie darauf aufbaut - was wiederum glücklicherweise zunehmend der Fall ist - spielerisch Wissen und Einsichten zu vermitteln. Kinder - und vielleicht auch noch manche Erwachsene - haben eine lebhafte Phantasie, die mit der Wirklichkeit verfließt.

Tatsächlich wird das im Spiel häufig sichtbar, wenn unkontrolliert reale Gefühle losbrechen und zunehmend den Spielverlauf bestimmen. Bisweilen kommt es dann zum Ausbruch aus der Spielwelt und die realen Beziehungen werden drastisch durch das Spiel betroffen, was nach (B) eigentlich gar nicht sein dürfte.

Erstaunlicherweise fällt mir dazu viel mehr nicht ein, bzw. die Sachlage scheint mir so klar, dass alle weiteren Worte keine weitere Klärung bringen könnten.

Ich jedenfalls will nicht gewinnen, wenn ich dazu Vertrauen missbrauchen muss. Es dreht mir das Herz um, im Spiel Dinge zu tun, die meinen persönlichen Empfindungen widersprechen. Ich will auch nicht verlieren, wenn andere dazu die Beziehung zu mir missbrauchen müssten. “Nicht-verlieren-können” wird oft als negative Eigenschaft hingestellt. Viele Ängste stehen dahinter - besonders bei Menschen die Beziehungsnöte haben. ( Fortsetzung folgt )

und die fortsetzung ist mein eintrag spielen.